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Schlagwort: Kaufvertrag Seite 1 von 3

Muss man einen defekten Kaufgegenstand zum Verkäufer bringen oder kann man Abholung verlangen?

Herr Huber war glücklich und ist es nun nicht mehr. Vor einer Woche hat er im Lotto gewonnen und sich den ein oder anderen Traum erfüllt. Unter anderem kaufte er sich einen niegelnagelneuen Porsch 911, einen Flachbildfernseher und eine riesige Couchgarnitur. Alles war vom Feinsten. Aber dies schützt einen nicht vor folgendem einfachen Grundsatz: Wer viel besitzt, dem geht auch mehr kaputt. Und so kam es dann, dass der Porsche nicht ansprang, der Flachbildfernseher scheinbar in jedem Programm nur neblige Landschaften zeigte und das Leder der Couchgarnitur abblätterte wie das Laub einer herbstlichen Buche. Herr Huber dachte sich: „Der ganze Reichtum bereitet mir nur Ärger. Jetzt muss ich den ganzen Schrott zurückbringen. Aber wie soll ich die Couch in den Porsche bekommen. Und wie soll ich dann mit dem Porsche zur Händler kommen… schließlich springt er nicht mehr an.“.

Zum Glück gibt es diesen Artikel. Er soll so gut dies zur Zeit möglich ist, Menschen wie Herrn Huber und andere Verbraucher über ihre Rechte aufzuklären. Zunächst sei Herrn Huber der Artikel Gerade gekauft und schon kaputt: Was tun? (Teil 1) ans Herz gelegt. In ihm erfährt er, in welchen Fällen er einen Nacherfüllungsanspruch gegen den Verkäufer hat. Erst wenn ein solcher besteht, stellt sich folgende Frage: Muss der Käufer den Kaufgegenstand zum Zwecke der Nacherfüllung (also insbesondere der Reparatur) selbst zum Verkäufer transportieren oder kann er von diesem eine Abholung verlangen?

Diese Frage lässt sich ausgehend von der neuesten Rechtsprechung des BGH nicht pauschal beantworten (BGH, Urt. v. 13.4.2011 – VIII ZR 220/10). Man muss zwischen verschiedenen Einzelfällen unterscheiden:

  1. Haben die Parteien beim Abschluss des Kaufvertrags eine Vereinbarung über den Ort der Nacherfüllung getroffen, dann ist diese in der Regel maßgeblich. Wurde also als Ort der Nacherfüllung der Wohnort des Käufers festgelegt, so muss der Verkäufer Porsche, Flachbildfernseher bzw. Couch beim Käufer abholen (und umgekehrt).
  2. Wurde keine Vereinbarung getroffen, so sind die näheren Umstände und die Natur des Kaufvertrags maßgeblich. Entscheidend ist dabei insbesondere, was die allgemeinen Gepflogenheiten besagen und was dem Verbraucher zumutbar ist. Mit anderen Worten: Man darf sich hier bis zu einem gewissen Grad auf seinen gesunden Sachverstand als Verbraucher verlassen. So leuchtet es wohl jedem ein, dass man einen Händler wohl kaum zu sich in die Wohnung zitieren kann, um den kaputten Fernseher abzuholen. Anders sieht dies unter Umständen bei der riesigen Couchgarnitur und dem nicht mehr fahrtüchtigen Porsche aus. Könnte der Porsche allerdings noch fahren, so müssten man ihn wohl zum Händler bringen. Diese Einzelfälle wurden jedoch bisher weitestgehend nicht durch die Rechtsprechung geklärt. Insoweit besteht ein gewisses Risiko.
  3. Von der Pflicht des Transports zu untescheiden, ist die Kostentragungspflicht. Ist der Verbraucher verpflichtet, den Kaufgegenstand zum Verkäufer zu bringen, so kann er hiermit eventuell verbundenen Kosten von diesem erstattet verlangen.

Noch einmal sei es gesagt: Es ist Vorsicht geboten und gegebenenfalls vorzugsweise ein Anwalt aufzusuchen. Bringt man nämlich den Kaufgegenstand zum Verkäufer, obwohl man nicht hierzu verpflichtet ist, so kann man zumindest nach aktueller BGH-Rechtsprechung die hierzu aufgewendeten Transportkosten nicht vom Verkäufer erstattet verlangen. Verlangt man umgekehrt unrechtmäßiger Weise den Transport vom Verkäufer, so geht eine gegebenenfalls im Anschluss erhobene Klage oder ein Rücktritt bzw. eine Minderung ins Leere.

Es ist auch in anderer Hinsicht Vorsicht geboten. Die aktuelle Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs könnte nämlich die zitierte Entscheidung des BGH bereits jetzt faktisch über den Haufen geworfen haben. Im Ergebnis könnte dies durchaus darauf hinauslaufen, dass der Verkäufer den Kaufgegenstand in jedem Fall abholen muss. Eine weitere Klärung wird die zukünftige Rechtsprechung liefern. Wir werden Sie selbstverständlich diesbezüglich auf dem Laufenden halten.

Wie groß muss ein Mangel sein, damit man zurücktreten darf?

Folgende Situation: Man hat es satt seinen Urlaub in überfüllten Hotelburgen zu verbringen. Was liegt da näher, als sich ein Luxuswohnmobil anzuschaffen. Man begibt sich also zum Luxuswohnmobilhändler seines Vertrauens und schlägt für sagenhafte 120.000 Euro zu. Ein Schnäppchen… wird sich der Leser nun denken. Aber das böse Erwachen folgt promt: Der Außenspiegel des Wohnmobils sitzt locker und der Händler weigert sich diesen Mangel zu beheben. „Na dann trete ich einfach vom Kaufvertrag zurück und hol mir meine 120.000 Euro wieder“, denkt man sich und würde damit auch instinktiv in den meisten Fällen richtig handeln. Aber eben nur in den meisten. Oft wird nämlich übersehen, dass man nicht bei jedem noch so unbedeutenden Mangel von einem Kaufvertrag zurücktreten kann.

Das Gesetzt knüpft nämlich das Rücktrittsrecht an die Voraussetzung der Erheblichkeit des Mangels. Was mit dieser Erheblichkeit gemeint ist, hat der BGH erneut in einer Entscheidung konkretisiert. Eine solche ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Kosten zur Beseitigung des Mangels (hier die Reparaturkosten für den Spiegel) 1% des Kaufpreises nicht übersteigen (BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10).

Nicht fest steht damit, wie hoch die Beseitigungskosten genau sein müssen, damit ein Rücktritt möglich ist. Zwar gibt es zu dieser Frage bereits zahlreiche Entscheidungen, es ist dem Verfasser jedoch kaum möglich, hieraus ein einheitliches Ergebnis abzuleiten. In vielen Fällen wird es auf die genaue Art des Mangels und des Kaufgegenstandes ankommen.

Wichtig für den Leser ist, dass er in Fällen geringer Mangelbehaftetheit der Kaufsache nicht ohne weiteres von einem Rücktrittsrecht ausgehen darf. In vielen Fällen wird es angebracht sein, statt des Rücktritt einfach den Kaufpreis zu mindern. Auch diese Möglichkeit steht dem Käufer nämlich zur Seite. Und seien wir mal ehrlich… es bricht dem Käufer sicher kein Zacken aus der Krone, wenn er den Außenspiegel in einer Werkstatt anschrauben lässt und dafür den Kaufpreis mindert.

Trägt der Käufer bei einem Sachmangel die Ein-/Ausbaukosten der Kaufsache?

Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer sehr grundlegenden und bedeutenden Enscheidung des EuGH. Es ging um die Frage, wie weit der kaufrechtliche Nacherfüllungsanspruch reicht. Ein solcher steht einem Käufer grundsätzlich dann zu, wenn die Kaufsache einen Mangel aufweist und die Gewährleistungsfrist (i.d.R. 2 Jahre) noch nicht abgelaufen ist. Jedenfalls vom Nacherfüllungsanspruch umfasst ist die Reparatur der Kaufsache bzw. eine Ersatzlieferung. Dies alleine dürfte viele Käufer jedoch nicht zufrieden stellen. Schließlich musste der Käufer oftmals einen großen Aufwand betreiben, um die Kaufsache einzubauen. Diesbezüglich sei z.B. auf Fließen, Dachziegel oder die in dem Urteil streitgegenständliche Waschmaschine verwiesen. In allen drei Fällen sind Kosten mit dem Neueinbau bzw. dem Ausbau verbunden. Da der bereits erfolgte Einbau der mangelhaften Kaufsache vollkommen für die Katz war, dürfte wohl kaum ein Käufer daran interessiert sein auch noch diese Kosten selbst zu tragen.

Dies muss der Käufer auch nicht, entschied der EuGH (EuGH, Urteil vom 16.06.2011 – C-65/09; C-87/09) und setzte sich damit in Widerspruch zur langjährigen Rechtsprechung des BGH: Bestehe ein Nacherfüllungsanspruch, so dürfe dieser nicht mit einem zusätzlichen Aufwand für den Käufer verbunden sein. Die Nacherfüllung müsse für den Käufer vollkommen kostenfrei erfolgen. Die führe dazu, dass der Verkäufer den alten Kaufgegenstand ausbauen und den neuen einbauen müsse bzw. zumindest die Kosten hierfür zu tragen habe.

Zu beachten ist jedoch, dass sich die Entscheidung des EuGH auf einen Verbraucher bezog, der bei einem Unternehmer kaufte. Ob ein Kaufvertrag zwischen Verbrauchern oder mit einem Unternehmer als Käufer genauso zu behandeln ist, bleibt unklar.

Auch ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung sich nicht explizit mit der Frage beschäftigt hat, wer die zusätzlich anfallenden Anlieferungskosten zu tragen hat. Es deutet allerdings viel darauf hin, dass diese ebenfalls vom Verkäufer zu tragen sind.

Kaufverträge aus dem Internet und Gewährleistungsausschluss bei Gebrauchtwagenverkauf

Ein Gewährleistungsausschluss in einem aus dem Internet verwendeten Kaufvertrag, der bei einem privaten Gebrauchtwagenverkauf keine Einschränkungen für grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen enthält, ist nach Ansicht des OLG Oldenburg unwirksam. Bei dieser Klausel handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), weil diese für eine mehrfache Verwendung vorformuliert seien. Dafür gelten aber die strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß § 309 Nr. 7a und b BGB. Danach müsse ein wirksamer Gewährleistungsausschluss eine Einschränkung für grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen sowie hinsichtlich Körperschäden enthalten. Da diese Einschränkungen im konkreten Fall fehlten, sei der vereinbarte Gewährleistungsausschluss insgesamt unwirksam, so das Gericht.

 OLG Oldenburg, Urteil vom 27.05.2011 Az.: 6 U 14/11

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