Was ist Elternzeit eigentlich genau?
Elternzeit ist sozusagen eine Auszeit mit Rückfahrschein. Das Entscheidende dabei ist der Rückfahrschein. Denn aus einem Arbeitsverhältnis rauszukommen, ist nicht wirklich ein Problem. Man könnte als Arbeitnehmer selbst kündigen oder um einen Auflösungsvertrag bitten. Aber nach der Auszeit wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren, kann problematisch sein.
Wie funktioniert Elternzeit rechtlich?
Rechtlich passiert bei Elternzeit Folgendes: Das Arbeitsverhältnis ruht, bleibt aber bestehen. Dabei muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht um Erlaubnis fragen. Insbesondere braucht der Arbeitnehmer auch für seine Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Ablauf der Elternzeit keine Erlaubnis des Arbeitgebers.
Der Gesetzgeber hat das Rückkehrrecht also nicht über einem Wiedereinstellungsanspruch eingeführt – was grundsätzlich auch möglich gewesen wäre. Stattdessen hat er auf das Modell des „Ruhens“ zurückgegriffen. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter zwar nicht arbeiten muss, aber das Arbeitsverhältnis an sich fortbesteht. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass die vertraglichen Nebenpflichten wie etwa das Konkurrenzverbot weiterhin gelten. Nur die Hauptleistungspflichten, also die Pflicht zur Arbeit einerseits und die Pflicht zur Lohnzahlung andererseits, sind suspendiert, d.h. vorübergehend ausgesetzt.
Was sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Elternzeit?
Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt in § 15 den Anspruch auf Elternzeit. Anspruchsberechtigt sind danach Mütter und Väter im Arbeitsverhältnis. Mitarbeiter können Elternzeit aber nicht nur für eigene Kinder in Anspruch nehmen, sondern teilweise auch für andere Kinder, insbesondere für Adoptivkinder und Pflegekinder.
Der Anspruch gilt nicht nur für Mitarbeiter in einem „normalen“ Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern auch für Mitarbeiter in Teilzeit, in befristeten Arbeitsverhältnissen, in Minijobs oder in der Ausbildung. Jeder Elternteil hat dabei einen eigenen Anspruch, unabhängig von einer eventuellen Elternzeit des anderen Elternteils.
Wie flexibel bin ich als Arbeitnehmer bezüglich Dauer und Lage der Elternzeit?
Ziemlich flexibel. Anspruch auf Elternzeit besteht für 3 Jahre. Man kann diese Zeit sofort vollständig ab der Geburt des Kindes nehmen. Die Elternzeit endet dann mit der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.
Wenn Sie sich als Arbeitnehmer für dieses „Grundmodell“ entscheiden, sollten Sie sich klar machen, dass der 3. Geburtstag Ihres Kindes dann nicht etwa der letzte Tag der Elternzeit ist, sondern bereits wieder Ihr erster Arbeitstag. Falls Sie also keine besondere Absprache mit Ihrem Arbeitgeber treffen oder für diesen Tag Urlaub nehmen, müssen Sie leider am Geburtstag Ihres Kindes arbeiten.
Ein Anteil von 24 Monaten – also 2 von 3 Jahren der Elternzeit – können auf die Zeit bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes übertragen werden. Hierfür benötigen Sie – anders als noch vor der Reform 2014/2015 – keine Zustimmung Ihres Arbeitgebers mehr. Sie haben also bezüglich der Lage der Elternzeit eine hohe Flexibilität.
Sie dürfen die Elternzeit auch noch weiter „stückeln“. Sie sind also nicht darauf beschränkt, die Elternzeit in zwei Teile aufzuspalten. Vielmehr können Sie gemäß § 16 Abs. 1 Satz 6 BEEG bis zu 3 Zeitabschnitte bestimmen. Auch das geht ohne Zustimmung Ihres Dienstgebers. Erst wenn Sie die Elternzeit in noch mehr „Portionen“ aufteilen möchten, benötigen Sie die Zustimmung des Arbeitgebers.
Was die Dauer der Elternzeit betrifft, so bilden die 3 Jahre eine Höchstgrenze. Es ist Ihnen aber unbenommen, auch für einen deutlich kürzeren Zeitraum, also beispielsweise nur für 6 Monate in Elternzeit zu gehen.
Wie läuft das Verfahren zur Beantragung der Elternzeit?
Wer als Arbeitnehmer Elternzeit beantragen möchte, muss dies 7 Wochen vor dem gewünschten Beginn der Elternzeit tun, § 15 Abs. … BEEG. Das gilt jedenfalls für die „Standardversion“ der Elternzeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Wer dagegen für den Zeitraum danach bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes Elternzeit nehmen möchte, hat hierfür eine Antragsfrist von 13 einzuhalten.
Der Antrag muss unbedingt schriftlich gestellt werden, um wirksam zu sein. Dabei gilt die strenge gesetzliche Schriftform gemäß § 126 BGB. Das bedeutet, dass insbesondere eine Beantragung per E-Mail nicht ausreichend ist. Vielmehr muss der Antrag ganz „altmodisch“ auf Papier gedruckt oder geschrieben und eigenhändig vom Arbeitnehmer unterzeichnet werden. Dieses Blatt mit der Original-Unterschrift muss dann auch dem Arbeitgeber im Original übermittelt werden – sei es per Post, durch Boten, durch persönliche Übergabe oder wie auch immer.
Gibt es die Möglichkeit, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten?
Ja. Anstatt eine „Voll-Auszeit“ für die Kinderbetreuung zu nehmen, können Sie als Arbeitnehmer auch eine „Teil-Auszeit“ nehmen. Es gibt nämlich während der Elternzeit einen speziellen Anspruch auf Teilzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG.
Dafür müssen folgende geringere Voraussetzungen erfüllt sein:
- Sie müssen eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 6 Monaten aufweisen – wie bei der Brückenteilzeit.
- Der Arbeitgeber muss mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigen. Auszubildende werden dabei nicht mitgezählt – bei der Brückenteilzeit sind es hingegen 45 Arbeitnehmer. Es zählen „alle Köpfe“, also nicht etwa Teilzeitstellen nur anteilig wie beim Kündigungsschutzgesetz.
- Die Teilzeit darf maximal 2 x während der Elternzeit verlangt werden.
Der Arbeitgeber kann den Antrag auf Teilzeit in Elternzeit nur ablehnen, wenn „dringende“ betriebliche Gründe vorliegen.
Wie ist das Verhältnis der Ansprüche auf Teilzeit in Elternzeit und auf „normale“ Teilzeit?
Beide Ansprüche bestehen parallel nebeneinander, sofern die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen. Die Voraussetzungen bei der „normalen“ Teilzeit sind etwas anders. Sie haben als Arbeitnehmer die Wahl, welchen Teilzeitanspruch Sie geltend machen. Dabei ist keiner der beiden Ansprüche per se besser oder schlechter als der andere. Vielmehr haben die beiden Ansprüche unterschiedliche Voraussetzungen und unterschiedliche Möglichkeiten.
Was sind die Vor- und Nachteile der Teilzeit in Elternzeit gegenüber der „normalen“ Teilzeit
Vorteil für den Arbeitnehmer ist, dass der Arbeitgeber zur Ablehnung nicht nur „einfache“ betriebliche Gründe, sondern „dringende“ betriebliche Gründen vorbringen muss. Die Hürde, die der Arbeitgeber überspringen muss, ist also höher.
Ein Nachteil gegenüber der normalen Teilzeit ist hingegen, dass der Arbeitnehmer sich in ein „engeres Korsett“ einfügen muss: Die reduzierte Arbeitszeit muss nämlich zwischen 15 und 30 Wochenstunden liegen.
Man sollte sich als Arbeitnehmer daher immer genau überlegen, welcher der beiden Anspruchsmöglichkeiten besser zu der eigenen Situation passt und dann die entsprechende Option wählen.
Der Anspruch auf Teilzeit in Elternzeit kann auch noch geltend gemacht werden, wenn man während der Elternzeit zunächst gar nicht gearbeitet hat. Zwar handelt es sich dann ja eigentlich nicht mehr um eine „Reduzierung“ der Arbeitszeit, aber die Rechtsprechung nimmt als Bezugspunkt nicht die zuletzt geleistete „Null-Arbeitszeit“, sondern weiterhin die Arbeitszeit vor Beginn der Elternzeit. Somit ist eine „Reduzierung“ der Arbeitszeit auch noch später während der laufenden Elternzeit möglich.
Gibt es einen besonderen Kündigungsschutz während der Elternzeit?
Ja. Ihr Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, ab dem Sie Elternzeit verlangt haben, grundsätzlich nicht mehr kündigen. Allerdings können Sie durch einen sehr frühen Antrag den Beginn des Sonderkündigungsschutzes nicht beliebig vorziehen. Der Schutz beginnt maximal 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit. Wenn es um Elternzeit nach dem 3. Lebensjahr des Kindes geht, kann der Schutz maximal 14 Wochen vor der Elternzeit eintreten.
In besonderen Fällen kann die zuständige Arbeitsschutzbehörde die Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklären. Solche Fälle sind jedoch sehr selten. Die Anforderungen hierfür sind äußerst hoch.
Mit Ende der Elternzeit endet auch der besondere Kündigungsschutz. Das ändert aber nichts daran, dass der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz bestehen bleibt, wenn die Voraussetzungen vorliegen, d.h. wenn es sich insbesondere nicht um einen Kleinbetrieb mit maximal 10 Mitarbeitern handelt.
Worauf sollte ich bei der Rückkehr aus der Elternzeit besonders achten?
Wenn die Elternzeit abgelaufen ist, lebt das Arbeitsverhältnis mit seinem bisherigen Inhalt automatisch wieder auf. Das bedeutet insbesondere, dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis auch weiterhin ein Vollzeitarbeitsverhältnis bleibt. Oft passt das in die Lebens- und Familienplanung gerade von Müttern, die aus der Elternzeit zurückkehren, nicht hinein. Daher ist es wichtig, in solchen Fällen rechtzeitig vorausschauend abweichende Regelungen wie z.B. Teilzeit nach der Elternzeit zu vereinbaren.
Dr. Michael Tillmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht