...auch für Nichtjuristen

Kategorie: Allgemeines Zivilrecht Seite 9 von 23

Gerade gekauft und schon kaputt: Was tun? (Teil 1)

Zum Aufwärmen zunächst folgende Geschichte: Tom Kruse ist glücklich. Gerade ist sein Handyvertrag ausgelaufen. Im Gegenzug für eine Vertragsverlängerung schickte ihm sein Mobilfunkanbieter ein niegelnagelneues Handy. Erst einen Tag zuvor hatte Herr Kruse es mit zittrigen Händen ausgepackt. Dabei war er so nervös, dass es ihm auf den Boden fiel. Aber es war scheinbar nichts passiert. Danach funktionierte es einwandfrei. Einen Tag später muss er nun feststellen, dass das Handy doch nicht so funktioniert wie er möchte. Es verfügt nämlich über einen neuartigen Touchscreen. Nur tut sich bei diesem nichts… so sehr sich Herr Kruse auch bemüht. „Kann ich das Handy so einfach zurückschicken“, denkt sich Herr Kruse, „Möglicherweise bin ich ja selbst an dem Maleur schuld.“ Herr Kruse setzt sich lieber erst an seinen vor einer Woche auf Ebay ersteigerten Laptop, um eine Internetrecherche zu dieser Frage zu betreiben. Der Lapotop fährt jedoch nicht vollständig hoch. Stattdessen zeigt er eine Fehlermeldung an: „Finde meine Festplatte nicht.“ Herr Kruse ist verzweifelt. Er beschließt in der nahegelegenen Kirche um göttlichen Beistand zu beten. Hierzu steigt er in seinen gerade erst gekauften Gebrauchtswagen. Er dreht den Zündschlüssel um, der Motor röchelt auf, der ganze Wagen zittert kurz… doch dann herrscht Stille. Nichts tut sich. „Eindeutig ein Motorschaden“, glaubt Herr Kruse zu wissen. Er nimmt seinen Hut vom Kopf, wirft ihn vor sich auf die Straße und springt fluchend mit voller Wucht auf ihm herum.

Wie kann man Herrn Kruse helfen? Zunächst sollte man besonnen reagieren und abwarten, bis er sich wieder beruhigt hat. Die juristischen Kenntnisse vorausgesetzt, könnte man ihm daraufhin folgende Ratschläge geben:

  1. Mängelrechte gegen den Verkäufer stehen einem nur zu, wenn die Kaufsache (Handy, Lapotop, Auto) mit einem Mangel behaftet ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Sache nicht so ist, wie sie gewöhnlich sein sollte. Dies trifft hier sowohl auf Handy, Laptop als auch auf das Auto zweifellos zu.
  2. Dieser Mangel müsste auch bei Übergabe der Kaufsache vorgelegen haben. Hat also erst Herr Kruse den Mangel verursacht, so guckt er in die Röhre. Was ist aber, wenn man sich nicht so ganz sicher ist, ob man den Mangel selbst verursacht hat (z.B. durch das Fallenlassen des Handys)? Darf man das Handy dann überhaupt zur Nachbesserung einschicken? – Ja, man darf. Man muss auch grundsätzlich keine Angst haben, sich schadensersatzpflichtig zu machen. Nur wenn man ohne Weiteres erkennen kann, dass man selbst den Schaden verursacht hat und man die Sache dennoch einschickt, droht unter Umständen diese Gefahr. Herr Kruse konnte sich im hiesigen Fall jedoch gerade nicht sicher sein, ob der Defekt vom Sturz des Handys herrührte. Schließlich funktionierte es ja anschließend zunächst noch. Er muss beim Einschicken des Handys nur kundtun, dass er das Handy zur Nachbesserung und nicht zu einer kostenpflichtigen Reparatur einschickt.
  3. Wenn der Verkäufer behauptet, nicht er sondern der Käufer habe den Mangel verursacht, wird es allerdings knifflig. In diesem Fall steht der Käufer dann etwas besser da, wenn seit der Übergabe 6 Monate noch nicht vergangen sind und der Verkäufer (nicht jedoch der Käufer) ein Unternehmer ist. In diesem Fall muss nämlich der Verkäufer beweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorgelegen hat. Problematisch ist im hiesigen Fall insbesondere, ob der Ebay-Verkäufer ein Unternehmer ist. Dies hängt davon ab, ob er regelmäßig in besonderem Umfang Waren über Ebay anbietet. Bei jemandem, der tagtäglich mehrere Verkäufe tätigt, wäre z.B. von einer Unternehmereigenschaft auszugehen.
  4. Sind die 6 Monate bereits vergangen oder ist der Verkäufer kein Unternehmer, so muss man im Streitfalle selbst beweisen, dass man den Mangel nicht eigens verursacht hat. Dies ist in einigen Fällen nur schwer zu bewerkstelligen. Sind sogar bereits 2 Jahre vergangen, so sieht es noch schlechter aus. Zumindest bei beweglichen Kaufgegenständen hat man dann in aller Regel garkeinen Anspruch mehr auf Nachbesserung.
  5. Nun steht man im Laden und will die Kaufsache zur Reparatur abgeben. Daraufhin reagiert die Verkäuferin schnippisch: „Wenden sie sich bitte an den Hersteller. Der Packung liegt schließlich eine Herstellergarantie bei.“ Man sollte nun nicht kleinbei geben. Der Verkäufer schuldet die Nacherfüllung… damit basta. Gibt der Hersteller eine Garantie ab, so bedeutet das nur, dass man sich unter den Voraussetzungen der Garantie AUCH an den Hersteller wenden könnte.
  6. Was aber tut man, wenn man den Kassenbon nicht mehr hat. Auch in diesem Fall muss man sich nicht unbedingt kleinkriegen lassen. Es reicht, wenn man sonstwie nachweisen kann, dass man die Sache bei einem bestimmten Verkäufer (Laden, etc.) gekauft hat. War man z.B. bei dem Einkauf in Begleitung, so kann man diese zur Untermauerung als Zeuge mitnehmen. Verweigert der Verkäufer dennoch die Nachbesserung („Nur mit Bon!“), so sollte man ihn über die geltende Rechtslage aufklären. Gab sich der Verkäufer zuvor unfreundlich, so darf man bei dieser Aufklärung gerne auch überheblich wirken.

Nun ist einem der Mangel rechtzeitig aufgefallen und es ist klar, dass er schon bei Übergabe vorlag: Welche Möglichkeiten der Käufer nun genau hat, soll in Teil 2 geklärt werden.

Noch ein wichtiger Hinweis: Sowohl in Teil 1 als auch in Teil 2 soll dem Leser nur ein kurzer Überblick verschafft werden. Die aufgezählten rechtlichen Erläuterungen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Stellt sich der Verkäufer quer, so sollte man einen Anwalt aufsuchen.

Hier geht es zu Teil 2.

Schadenersatz bei Bauarbeiten auf Hotelgelände

Das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass ein Urlauber einen Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn auf einem Hotelgelände täglich mit viel Lärm und Staub gebaut wird. Durch den Baustellencharakter des Hotels und die Verlegung des Speisesaals in eine offene Bar sei die Reise so mangelhaft, dass die Urlauber zudem 60 Prozent des Reisepreises zurückerhalten, so die Frankfurter Richter.

LG Frankfurt, Urteil vom 17.12.2009 Az.: 2-24 S 140/09

Wie groß muss ein Mangel sein, damit man zurücktreten darf?

Folgende Situation: Man hat es satt seinen Urlaub in überfüllten Hotelburgen zu verbringen. Was liegt da näher, als sich ein Luxuswohnmobil anzuschaffen. Man begibt sich also zum Luxuswohnmobilhändler seines Vertrauens und schlägt für sagenhafte 120.000 Euro zu. Ein Schnäppchen… wird sich der Leser nun denken. Aber das böse Erwachen folgt promt: Der Außenspiegel des Wohnmobils sitzt locker und der Händler weigert sich diesen Mangel zu beheben. „Na dann trete ich einfach vom Kaufvertrag zurück und hol mir meine 120.000 Euro wieder“, denkt man sich und würde damit auch instinktiv in den meisten Fällen richtig handeln. Aber eben nur in den meisten. Oft wird nämlich übersehen, dass man nicht bei jedem noch so unbedeutenden Mangel von einem Kaufvertrag zurücktreten kann.

Das Gesetzt knüpft nämlich das Rücktrittsrecht an die Voraussetzung der Erheblichkeit des Mangels. Was mit dieser Erheblichkeit gemeint ist, hat der BGH erneut in einer Entscheidung konkretisiert. Eine solche ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Kosten zur Beseitigung des Mangels (hier die Reparaturkosten für den Spiegel) 1% des Kaufpreises nicht übersteigen (BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10).

Nicht fest steht damit, wie hoch die Beseitigungskosten genau sein müssen, damit ein Rücktritt möglich ist. Zwar gibt es zu dieser Frage bereits zahlreiche Entscheidungen, es ist dem Verfasser jedoch kaum möglich, hieraus ein einheitliches Ergebnis abzuleiten. In vielen Fällen wird es auf die genaue Art des Mangels und des Kaufgegenstandes ankommen.

Wichtig für den Leser ist, dass er in Fällen geringer Mangelbehaftetheit der Kaufsache nicht ohne weiteres von einem Rücktrittsrecht ausgehen darf. In vielen Fällen wird es angebracht sein, statt des Rücktritt einfach den Kaufpreis zu mindern. Auch diese Möglichkeit steht dem Käufer nämlich zur Seite. Und seien wir mal ehrlich… es bricht dem Käufer sicher kein Zacken aus der Krone, wenn er den Außenspiegel in einer Werkstatt anschrauben lässt und dafür den Kaufpreis mindert.

Trägt der Käufer bei einem Sachmangel die Ein-/Ausbaukosten der Kaufsache?

Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer sehr grundlegenden und bedeutenden Enscheidung des EuGH. Es ging um die Frage, wie weit der kaufrechtliche Nacherfüllungsanspruch reicht. Ein solcher steht einem Käufer grundsätzlich dann zu, wenn die Kaufsache einen Mangel aufweist und die Gewährleistungsfrist (i.d.R. 2 Jahre) noch nicht abgelaufen ist. Jedenfalls vom Nacherfüllungsanspruch umfasst ist die Reparatur der Kaufsache bzw. eine Ersatzlieferung. Dies alleine dürfte viele Käufer jedoch nicht zufrieden stellen. Schließlich musste der Käufer oftmals einen großen Aufwand betreiben, um die Kaufsache einzubauen. Diesbezüglich sei z.B. auf Fließen, Dachziegel oder die in dem Urteil streitgegenständliche Waschmaschine verwiesen. In allen drei Fällen sind Kosten mit dem Neueinbau bzw. dem Ausbau verbunden. Da der bereits erfolgte Einbau der mangelhaften Kaufsache vollkommen für die Katz war, dürfte wohl kaum ein Käufer daran interessiert sein auch noch diese Kosten selbst zu tragen.

Dies muss der Käufer auch nicht, entschied der EuGH (EuGH, Urteil vom 16.06.2011 – C-65/09; C-87/09) und setzte sich damit in Widerspruch zur langjährigen Rechtsprechung des BGH: Bestehe ein Nacherfüllungsanspruch, so dürfe dieser nicht mit einem zusätzlichen Aufwand für den Käufer verbunden sein. Die Nacherfüllung müsse für den Käufer vollkommen kostenfrei erfolgen. Die führe dazu, dass der Verkäufer den alten Kaufgegenstand ausbauen und den neuen einbauen müsse bzw. zumindest die Kosten hierfür zu tragen habe.

Zu beachten ist jedoch, dass sich die Entscheidung des EuGH auf einen Verbraucher bezog, der bei einem Unternehmer kaufte. Ob ein Kaufvertrag zwischen Verbrauchern oder mit einem Unternehmer als Käufer genauso zu behandeln ist, bleibt unklar.

Auch ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung sich nicht explizit mit der Frage beschäftigt hat, wer die zusätzlich anfallenden Anlieferungskosten zu tragen hat. Es deutet allerdings viel darauf hin, dass diese ebenfalls vom Verkäufer zu tragen sind.

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