...auch für Nichtjuristen

Kategorie: Allgemeines Zivilrecht Seite 12 von 23

Anspruch auf neue Brille nach einem Verkehrsunfall

Das Landgericht Münster hat entschieden, dass ein Fahrzeugführer, dessen Brille bei einem Unfall beschädigt wird, einen Anspruch auf eine neue Brille hat. Einen „Neu-für-Alt-Abzug“ muss der Geschädigte nicht akzeptieren, auch wenn er durch die Anschaffung neuer Brille wirtschaftlich besser gestellt wird. Der Geschädigte war aufgrund der medizinischen Notwendigkeit und des fehlenden Gebrauchtmarktes für Brillen auf einen Neuerwerb angewiesen, so das Gericht.

Landgericht Münster, Urteil vom 13.05.2009 Az.: 01 S 8/09

„Kino.to“-Betreiber festgenommen: Welche Folgen drohen den Nutzern?

„Kino.to“ ist eine Internetseite, die es dem Nutzer erlaubt, sich Filme und Serien über das Internet anzusehen. Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, die Filme auf die eigene Festplatte herunterzuladen. „Kino.to“ ermöglicht es nämlich auch die Filme zu streamen, also nur kurzzeitig in den Zwischenspeicher des eigenen PCs zu laden und noch während dieses Vorgangs zu betrachten. Hinsichtlich dieses Prinzips ist „Kino.to“ mit YouTube zu vergleichen. Zum Verständnis der folgenden rechtlichen Erörterung ist noch ein weiterer Punkt von Bedeutung: „Kino.to“ stellt die Filmdaten nicht selbst zur Verfügung. Stattdessen bietet „Kino.to“ nur eine Ansammlung von Links an, die auf die externen Filmanbieterplattformen (sog. Hosts) verweisen.

Ausgehend von diesem Funktionsprinzip sind Konsequenzen für die Kino.to-Nutzer auch nach der heutigen Razzia in vier verschiedenen europäischen Ländern, bei der 13 Mitarbeiter von „Kino.to“ verhaftet wurden, aller Voraussicht nach nicht zu befürchten. Die Gründe hierfür werden nun im Einzelnen aufgeführt:

  1. Sowohl in Betracht kommende zivilrechtliche Abmahnungen als strafrechtliche Konsequenzen haben eine Urheberrechtsverletzung als Anknüpfungspunkt. Im Fall des Streamens ist es allerdings sehr fraglich, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. In einem gewissen Umfang erlaubt § 44a UrhG nämlich das vorrübergehende Zwischenspeichern von urheberrechtlich geschützten Daten. Die Anwendbarkeit des § 44a UrhG auf den hiesigen Fall ist jedoch in der juristischen Literatur höchst umstritten. Welcher Seite sich die Gerichte letztendlich anschließen, kann bis dato nicht beurteilt werden.
  2. Unabhängig von der Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, stünden einer zumindest zivilrechtlichen Belangung der „kino.to“-Nutzer jedoch auch rein praktische Gründe entgegen. So dürfte es den Rechteinhabern kaum möglich sein, die einzelnen Nutzer ausfindig zu machen. Hierzu bräuchten sie nämlich Zugriff auf die jeweiligen IP-Adressen. Über diese verfügt jedoch nur der Provider. Gegen diesen besteht grundsätzlich ein Auskunftsanspruch der Rechteinhaber nach § 101 UrhG. Dieser Auskunftsanspruch greift aber nur dann, wenn die Urheberrechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß aufweist. Hiervon kann jedenfalls dann nicht ausgegangen, wenn die Filme nur gestreamt und nicht etwa anderen Nutzern eigens zur Verfügung gestellt werden.
  3. Wenn die Ermittler hingegen Nutzer-Daten über die „kino.to“-Betreiber (sog. Log-Daten) aufindig machen könnten, so würde ihnen dies nichts nutzen. Denn die Betreiber verfügen höchstens über Daten der Benutzer ihrer Internetseite. Die eigentlich Urheberrechtsverletzung spielt sich aber auf der Seite der Hosts (s.o.) ab.
  4. Es ist auch zu berücksichtigen, dass sowohl im Hinblick auf eine strafrechtliche Verfolgung als auch im Hinblick auf zivilrechtliche Schritte (z.B. eine Abmahnung) diverse Beweisschwierigkeiten bestehen werden. So wird sich insbesondere in Mehrparteienhaushalten oftmals nicht klären lassen, wer in speziellen „kino.to“ genutzt hat. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass sich ein Dritter unbemerkt Zugang zum W-Lan-Netzwerk verschafft hat

Die „kino.to“-Nutzer haben somit aller Voraussicht nach nichts zu befürchten und können aufatmen. Wir werden die Sache jedoch beobachten und gegebenenfalls über die weitere Entwicklung informieren.

Nachbesserung: Muss ich die Kaufsache selbst zum Verkäufer bringen oder nicht?

Der BGH hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Ein französischer Camper bestellte einen neuen Camping-Faltanhänger in Deutschland. Der Kaufvertrag sah vor, dass der Anhänger in Deutschland abzuholen sei. Dennoch war der Verkäufer so nett, den Faltanhänger anzuliefern. Der Camper war überglücklich und nahm den Faltanhänger auch promt mit in seinen nächsten Urlaub. Im Urlaubsort angekommen musste er mit großem Schrecken feststellen, dass der Faltanhänger mit Mängeln behaftet war. Er machte sich also auf den Weg zurück nach Frankreich und kontaktierte den Verkäufer. Dieser weigerte sich den Faltanhänger zwecks Nachbesserung abzuholen. Stattdessen müsse der Camper den Faltanhänger nach Deutschland schicken, insistierte der Verkäufer. Der Camper blieb stur und trat lieber vom Kaufvertrag zurück.

Wer hatte Recht? Der Verkäufer, entschied der BGH. Wer den Transport des Kaufgegenstands zu übernehmen habe, richte sich nämlich danach, wo der Ort der Nacherfüllung sei. Ist dieser beim Wohnort des Käufers, so muss der Verkäufer den Kaufgegenstand abholen. Ist er hingegen am Standort des Verkäufers, läuft es umgekehrt.

Aber wo ist der Ort der Nacherfüllung? Falls die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen haben, richtet sich dies nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist insbesondere die Zumutbarkeit für den Verkäufer (dies gebietet das Europarecht). Wäre eine Überbringung des Kaufgegenstandes für den Käufer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden, so spräche dies für einen Nacherfüllungsort beim Verkäuferstandort. Weitere Kriterien sind die Art und die Ortsgebundenheit der Leistung.

Ausgehend hiervon sah es der BGH als für den Käufer zumutbar an, den Faltanhänger zur Nacherfüllung zum Verkäufer zu bringen. Der Verkäufer hatte somit nichts falsch gemacht. Ein Rücktritt kam nicht in Frage.

(Urteil vom 13. April 2011 – VIII ZR 220/10)

Unerlaubte Telefonwerbung soll uninteressant werden

Dem Bundesrat geht der Verbraucherschutz nicht weit genug. Daher wurde am 13.05.2011 beim Bundestag ein  Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Verbraucherschutzes eingebracht. Danach sollen telefonisch geschlossene Verträge nur dann wirksam werden, wenn sie vom Verbraucher innerhalb von zwei Wochen schriftlich bestätigt werden.

In der Gesetzesbegründung heißt es: „Mit dem Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.Juli 2009 (BGBl.IS.2413) sollte die massenhafte Belästigung von Verbraucherinnen und Verbrauchern durch unerlaubte Telefonwerbung eingedämmt werden, indem die lauterkeitsrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit von Werbeanrufen verschärft wurden. Diese Maßnahmen haben sich jedoch als nicht hinreichend effektiv erwiesen“.

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