...auch für Nichtjuristen

Autor: Sebastian Tackenberg Seite 5 von 15

„Kino.to“-Betreiber festgenommen: Welche Folgen drohen den Nutzern?

„Kino.to“ ist eine Internetseite, die es dem Nutzer erlaubt, sich Filme und Serien über das Internet anzusehen. Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, die Filme auf die eigene Festplatte herunterzuladen. „Kino.to“ ermöglicht es nämlich auch die Filme zu streamen, also nur kurzzeitig in den Zwischenspeicher des eigenen PCs zu laden und noch während dieses Vorgangs zu betrachten. Hinsichtlich dieses Prinzips ist „Kino.to“ mit YouTube zu vergleichen. Zum Verständnis der folgenden rechtlichen Erörterung ist noch ein weiterer Punkt von Bedeutung: „Kino.to“ stellt die Filmdaten nicht selbst zur Verfügung. Stattdessen bietet „Kino.to“ nur eine Ansammlung von Links an, die auf die externen Filmanbieterplattformen (sog. Hosts) verweisen.

Ausgehend von diesem Funktionsprinzip sind Konsequenzen für die Kino.to-Nutzer auch nach der heutigen Razzia in vier verschiedenen europäischen Ländern, bei der 13 Mitarbeiter von „Kino.to“ verhaftet wurden, aller Voraussicht nach nicht zu befürchten. Die Gründe hierfür werden nun im Einzelnen aufgeführt:

  1. Sowohl in Betracht kommende zivilrechtliche Abmahnungen als strafrechtliche Konsequenzen haben eine Urheberrechtsverletzung als Anknüpfungspunkt. Im Fall des Streamens ist es allerdings sehr fraglich, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. In einem gewissen Umfang erlaubt § 44a UrhG nämlich das vorrübergehende Zwischenspeichern von urheberrechtlich geschützten Daten. Die Anwendbarkeit des § 44a UrhG auf den hiesigen Fall ist jedoch in der juristischen Literatur höchst umstritten. Welcher Seite sich die Gerichte letztendlich anschließen, kann bis dato nicht beurteilt werden.
  2. Unabhängig von der Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, stünden einer zumindest zivilrechtlichen Belangung der „kino.to“-Nutzer jedoch auch rein praktische Gründe entgegen. So dürfte es den Rechteinhabern kaum möglich sein, die einzelnen Nutzer ausfindig zu machen. Hierzu bräuchten sie nämlich Zugriff auf die jeweiligen IP-Adressen. Über diese verfügt jedoch nur der Provider. Gegen diesen besteht grundsätzlich ein Auskunftsanspruch der Rechteinhaber nach § 101 UrhG. Dieser Auskunftsanspruch greift aber nur dann, wenn die Urheberrechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß aufweist. Hiervon kann jedenfalls dann nicht ausgegangen, wenn die Filme nur gestreamt und nicht etwa anderen Nutzern eigens zur Verfügung gestellt werden.
  3. Wenn die Ermittler hingegen Nutzer-Daten über die „kino.to“-Betreiber (sog. Log-Daten) aufindig machen könnten, so würde ihnen dies nichts nutzen. Denn die Betreiber verfügen höchstens über Daten der Benutzer ihrer Internetseite. Die eigentlich Urheberrechtsverletzung spielt sich aber auf der Seite der Hosts (s.o.) ab.
  4. Es ist auch zu berücksichtigen, dass sowohl im Hinblick auf eine strafrechtliche Verfolgung als auch im Hinblick auf zivilrechtliche Schritte (z.B. eine Abmahnung) diverse Beweisschwierigkeiten bestehen werden. So wird sich insbesondere in Mehrparteienhaushalten oftmals nicht klären lassen, wer in speziellen „kino.to“ genutzt hat. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass sich ein Dritter unbemerkt Zugang zum W-Lan-Netzwerk verschafft hat

Die „kino.to“-Nutzer haben somit aller Voraussicht nach nichts zu befürchten und können aufatmen. Wir werden die Sache jedoch beobachten und gegebenenfalls über die weitere Entwicklung informieren.

Nachbesserung: Muss ich die Kaufsache selbst zum Verkäufer bringen oder nicht?

Der BGH hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Ein französischer Camper bestellte einen neuen Camping-Faltanhänger in Deutschland. Der Kaufvertrag sah vor, dass der Anhänger in Deutschland abzuholen sei. Dennoch war der Verkäufer so nett, den Faltanhänger anzuliefern. Der Camper war überglücklich und nahm den Faltanhänger auch promt mit in seinen nächsten Urlaub. Im Urlaubsort angekommen musste er mit großem Schrecken feststellen, dass der Faltanhänger mit Mängeln behaftet war. Er machte sich also auf den Weg zurück nach Frankreich und kontaktierte den Verkäufer. Dieser weigerte sich den Faltanhänger zwecks Nachbesserung abzuholen. Stattdessen müsse der Camper den Faltanhänger nach Deutschland schicken, insistierte der Verkäufer. Der Camper blieb stur und trat lieber vom Kaufvertrag zurück.

Wer hatte Recht? Der Verkäufer, entschied der BGH. Wer den Transport des Kaufgegenstands zu übernehmen habe, richte sich nämlich danach, wo der Ort der Nacherfüllung sei. Ist dieser beim Wohnort des Käufers, so muss der Verkäufer den Kaufgegenstand abholen. Ist er hingegen am Standort des Verkäufers, läuft es umgekehrt.

Aber wo ist der Ort der Nacherfüllung? Falls die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen haben, richtet sich dies nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist insbesondere die Zumutbarkeit für den Verkäufer (dies gebietet das Europarecht). Wäre eine Überbringung des Kaufgegenstandes für den Käufer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden, so spräche dies für einen Nacherfüllungsort beim Verkäuferstandort. Weitere Kriterien sind die Art und die Ortsgebundenheit der Leistung.

Ausgehend hiervon sah es der BGH als für den Käufer zumutbar an, den Faltanhänger zur Nacherfüllung zum Verkäufer zu bringen. Der Verkäufer hatte somit nichts falsch gemacht. Ein Rücktritt kam nicht in Frage.

(Urteil vom 13. April 2011 – VIII ZR 220/10)

Betätigung für NPD: Kündigungsgrund?

Ein im öffentlichen Dienst Beschäftigter trat außerdienstlich aktive für die NPD und deren Jugendorganisation ein. Darauf wurde er von seinem Dienstherrn abgemahnt. Die Mahnung zeigte Wirkung und der Angestellte stellte seine Aktivitäten für die NPD ein. Dennoch entschied sich der Dienstherr zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Eine derartige personenbedingte Kündigung kann durchaus gerechtfertigt sein, entschied nun das Bundesarbeitsgericht. Eine Betätigung für eine verfassungsfeindliche Partei kann selbst dann ein Kündigungsgrund sein, wenn diese Partei bisher nicht durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist.

Der hiesige Fall wies jedoch eine gewichtige Besonderheit auf: Der Angestellte wurde zuvor abgemahnt und stellte hiernach seine Tätigkeit ein. Mit der Abmahnung gab laut BAG der Arbeitgeber zu verstehen, dass er das Arbeitsverhältnis weiterhin für tragbar hielt soweit der Arbeitnehmer nur seine Tätigkeit für die NPD einstellt. Eine Kündigung war hier deshalb ausnahmsweise nicht gerechtfertigt.

Mit der Frage der Verfassungswidrigkeit der NPD musste sich das BAG aus diesem Grund nicht mehr beschäftigen.

BAG, Urt. v. 12. 5. 2011 – 2 AZR 479/09

Schönheitsreparaturen ohne Rechtspflicht: Wann verjährt der Regressanspruch des Mieters?

Die Bedeutung der folgenden BGH-Entscheidung ist nicht von der Hand zu weisen, betrifft sie doch eine alltägliche Situation: Ein Mieter kündigte seinen Wohnungsmietvertrag und zog aus. Vorher ließ er die Wohnung – wie es der Mietvertrag von ihm verlangte – renovieren. Erst fast drei Jahre später viel es ihm wie Schuppen von den Augen: Er hätte die Renovierung garnicht durchführen müssen. Die Schönheitsreparaturenklausel im Mietvertrag, die dies von ihm verlangte, war nämlich unwirksam. „Was mach ich jetzt bloß?“, dachte sich der Mieter. Er entschied zum Anwalt zu gehen. Dieser reichte wiederum Klage ein und forderte den damals für die Renovierung aufgewendeten Betrag zurück. Denn schließlich profitiere der Vermieter von der „freiwillig“ erfolgten Renovierung durch den Mieter.

Grundsätzlich bestünde ein solcher Anspruch tatsächlich. Der Hase liegt jedoch an anderer Stelle im Pfeffer. Der Vermieter hat sich nämlich mit Erfolg auf die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs berufen. Genau wie die meisten Ansprüche des Vermieters verjährt nämlich auch der Ersatzanspruch des Mieters wegen grundlos erbrachter Schönheitsreparaturen innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses (§ 548 II BGB). Deshalb ist jedem Mieter zur Eile zu raten, wenn er Renovierungsarbeiten vornimmt und im Nachhinein von der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturenklausel ausgeht.

Außerdem ist jedem Wohnungsmieter zur raten, gegebenenfalls die Wirksamkeit der Schönheitsreparaturenklausel in seinem Mietvertrag überprüfen zu lassen. Anlass hierzu besteht vor allem bei älteren Mietvertragsformularen, da diese oftmals unwirksame Klauseln enthalten. Ein kleiner Hinweis zur diesbezüglichen sehr komplexen Rechtsprechung: Klauseln, die Schönheitsreparaturen innerhalb starrer Fristen (z.B. alle 2 Jahre) vorsehen, sind in jedem Fall unwirksam).

(Urteil vom 4. Mai 2011 – VIII ZR 195/10)

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