Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine Pflichtversicherung, die die Gesundheitsschäden ausgleicht, die ein Versicherter während einer versicherten Tätigkeit erleidet (Arbeitsunfall). Versichert sind unter anderem Arbeitnehmer und Auszubildende. Ob auch Arbeitsplatzbewerber, die ein Kennenlernpraktikum absolvieren in die Gruppe der Versicherten einzustufen sind, lesen Sie in diesem Beitrag.
Was ist passiert?
Eine arbeitslose Jobbewerberin, die Leistungen nach dem SGB III bezog (Arbeitslosengeld I), absolvierte auf eigene Initiative bei einem Unternehmen ein eintägiges, unentgeltliches Kennenlern-Praktikum auf Grundlage einer Kennenlern-/Praktikumsvereinbarung. Während des Praktikums fanden mehrere Gespräche statt, eine Betriebsführung sowie der Besuch einer Lagerhalle mit Hochregalen. Bei der Besichtigung der Lagerhalle stürzte die Praktikantin und brach sich den rechten Oberarm.
Vorinstanzen lehnten die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall ab
Sowohl die beklagte Berufsgenossenschaft als auch die Vorinstanzen (Sozialgericht Augsburg sowie das Bayerisches Landessozialgericht) waren der Auffassung, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall handelt. Zur Begründung führten die Vorinstanzen im Wesentlichen aus, es habe kein versicherungsschutzbegründendes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. Die Klägerin sei auch nicht als Wie-Beschäftigte versichert gewesen. Ebenfalls habe keine versicherte Aus- oder Fortbildung vorgelegen.
Bundessozialgericht: Die Bewerberin bei Betriebsbesichtigung ist gesetzlich unfallversichert
Anders als die Vorinstanzen gab das Bundessozialgericht der Klage der Bewerberin statt und stufte das Ereignis als Arbeitsunfall ein. Nach Ansicht des Bundessozialgerichts ergibt sich der Anspruch auf Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall daraus, dass bereits nach der Satzung der beklagten Berufsgenossenschaft die Teilnehmer einer Unternehmensbesichtigung unfallversichert sind. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass das eigene, unversicherte Interesse der Klägerin am Kennenlernen des potenziellen Arbeitgebers vorlag.
Fazit
Nicht jede Berufsgenossenschaft als Träger der Unfallversicherung hat eine solche Regelung in Ihrer Satzung. Daher ist für die Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, an erster Stelle die Satzung des Unfallversicherungsträgers (Berufsgenossenschaft) maßgebend. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht hilft Ihnen bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, auch weiter. Er kann für Sie, soweit Erfolgsaussichten bestehen, auch gerichtlichen Weg bestreiten.