Etwa 900.000 Deutsche leben dauerhaft in einem anderen EU-Staat, ohne die Staatsangehörigkeit der „neuen Heimat“ zu besitzen. Für diese Bevölkerungsgruppe gibt es bald neue Regeln wenn es ums Thema Erbrecht und Vererben geht, denn ab 17. August 2015 gilt für Erbfälle mit Auslandsbezug eine neue EU-Verordnung. Die Idee, die dahinter steckt: das Erben in der EU soll vereinfacht werden, denn nach Schätzung der Bundesregierung gibt es ca. 450.000 Erbfälle mit Auslandsbezug pro Jahr. Was sich durch die neue Verordnung genau ändert und wer jetzt handeln sollte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Erbrecht mit Auslandsbezug – Was galt bisher?
Viele EU-Staaten, darunter auch Deutschland, beurteilen den Erbfall nach dem Recht des Heimatstaates des Erblassers. Für Deutsche gilt grundsätzlich das deutsche Erbrecht, unabhängig davon, wo der Erblasser seinen Wohnsitz vor dem Tod hatte. Einige andere Staaten, wie z.B. Dänemark, regeln die Erbschaf nach dem Prinzip des Wohnsitzes, es gilt also das Erbrecht des Staates, in dem der Erblasser zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Die unterschiedlichen Regelungen führten in der Vergangenheit dazu, dass die Abwicklung des Nachlasses sehr kompliziert wurde. Deshalb hat der EU-Verordnungsgeber beschlossen das Erben- und Vererben in der EU zu vereinfachen.
Erbrecht mit Auslandsbezug-Was gilt ab 17. 08.2015
EU-Verordnung 650/12 legt nun fest, dass für Erbfälle mit Auslandsbezug in der EU das Recht des Landes gelten soll, indem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es also nicht mehr an. Für einen Deutschen, der z.B. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hat, gilt ab August das spanische Erbrecht. Es besteht jedoch weiter die Möglichkeit sich für das Erbrecht des Landes zu entscheiden, dessen Staatsangehörigkeit man besitzt. Um von diesem Privileg Gebrauch machen zu können ist es allerdings notwendig dies im Testament oder Erbvertrag ausdrücklich zu erklären.
Ein Testament ist schon vorhanden – Muss ich ein neues Errichten um das Wahlrecht auszuüben?
Nein, ein neues Testament muss nicht errichtet werden. Es genügt, wenn man nachträglich eine Klausel einfügt, in der man bestimmt, dass z.B. das deutsche Recht für die Rechtsnachfolge von Todes wegen gelten soll.
Gilt die Europäische Erbrechtsverordnung in allen EU-Ländern?
Nein, in Großbritannien, Irland und Dänemark gilt die neue Verordnung nicht.
Ändert sich auch etwas am Erbschaftssteuerrecht?
Nein, die neue Verordnung regelt lediglich das Erbrecht neu, nicht das Erbschaftssteuerrecht. Durch die Rechtswahl ist es also nicht möglich ggfls. die günstigere Rechtsfolge bei der Erbschaftssteuer herbeizuführen.
Bringt das neue „Erbrecht“ nur Vorteile?
Aus der Sicht der Verfassers nicht, denn bald ist es möglich andere, dem deutschen Rechts nicht bekannte erbrechtliche Regelungen ins Testament aufzunehmen. Dies wird, zumindest für am Anfang, für Unklarheiten sorgen. Es bleibt abzuwarten, wie die Praxis auf die neue Möglichkeit reagiert.